Die Ernäh­rung auf dem Lande – Auf­zeich­nun­gen von Char­lotte Hom­feld aus Kleinenborstel

Ver­sor­gung aus dem Obst– und Gemüsegarten

Jeder Hof, jeder Haus­halt hatte frü­her seine eige­nen Gewohn­hei­ten. Was beim Schlach­ten, beim Brot­ba­cken und in der Vieh­hal­tung ange­führt wurde, gilt auch für den Anbau von Obst und Gemüse.

Der Obst­bau hatte schon immer eine große Bedeu­tung für die Selbst­ver­sor­gung und viele Apfel­bäume, die bei uns und in ande­ren Obst­gär­ten stan­den, waren sehr alt. Schon 1688 ist ein Bestand von 20 Obst­bäu­men im Weinkauf­re­gis­ter einer hie­si­gen Hof­stelle ver­merkt wor­den („Wein­kauf“ hieß frü­her die Ent­rich­tung einer Gebühr an den Guts– oder Lehns­her­ren bei Besit­zer­wech­sel. Hierzu sei noch bemerkt, dass schon Hop­fen für’s Bier­brauen 100 Jahre vor­her auf die­ser Hof­stelle ange­baut wurde. Wie wich­tig er in einer Land­ge­meinde war, liest man in den Pro­to­kol­len des Vor­ste­hers: Im Som­mer 1887 wurde der Klein­bors­te­ler Leh­rer Hell­berg im Ort für eine Schau-Kommission zum Kon­trol­lie­ren der Obst­bäume für die Fest­stel­lung von Blatt­läu­sen gewählt. Er erhielt eine Mark für seine Bemü­hung. Die Blatt­läuse sind wohl hart­nä­ckige Schäd­linge gewe­sen: 1899 wird öffent­lich auf die Bekämp­fung mit Des­in­fek­ti­ons­mit­teln hin­ge­wie­sen und diese emp­foh­len. 10 Mark Unter­hal­tungs­kos­ten erhält der zweite Leh­rer Georg Wehr­mann 1903 für Kurse der Obst­baum­för­de­rung von der Gemeinde aus­ge­zahlt, wie im Pro­to­koll­buch ver­merkt ist.

Die Bemü­hun­gen zum bes­se­ren Anbau wer­den mit bes­se­ren Ern­ten belohnt und man­cher kleine Land­wirt fuhr im Herbst nach Bre­men und ver­kaufte Obst auf dem Markt. Auch Kar­tof­feln für den Win­ter nah­men sie mit und tru­gen sie den Kun­den bis in den Kel­ler. Es gab schon seit 1907 Fort­bil­dungs­un­ter­richt für Land­wirte in grö­ße­ren Dör­fern. Ab 1926 wurde es für alle schul­ent­las­se­nen Land­wirts­söhne und Gehil­fen Pflicht, ein­mal im Monat am Nach­mit­tag daran teil­zu­neh­men. Die bei­den Dorf­schul­leh­rer muss­ten sich mit Kur­sen dar­auf vor­be­rei­ten. Sie haben es mit Begeis­te­rung getan, wird noch heute erzählt. Unter ande­rem haben sie den jun­gen Män­nern das Beschnei­den und Oku­lie­ren der Obst­bäume beige­bracht. Das hat im wahrs­ten Sinne des Wor­tes Früchte getra­gen, weil die sich fortan für Pflege, Ver­ede­lung und Neu­an­pflan­zung von Obst und Bee­ren­sträu­chern interessierten.

Unser Apfel­hof („Appel­hoff“), wie wir die Gras­weide mit den Bäu­men für den Sauen-auslauf nann­ten, hat eine merk­li­che Ver­jün­gung durch mei­nen älte­ren Bru­der, den Hofer­ben, bekom­men. Die sehr alten, knor­ri­gen, oft hoh­len Bäume wur­den aus­ge­lich­tet und neue Sor­ten gepflanzt. Zu unse­ren alten wie Him­beer, Glo­cken, Bos­kop Gold­par­mäne, Gra­ven­stei­ner, den emp­find­li­chen gro­ßen Königs­ap­fel, der klei­nen wei­ßen „Zipollen“-Sorte mit wei­ßem Fleisch gehörte auch der gut tra­gende, sehr späte Iser-Apfel, eine dun­kel­rote, klei­nere Frucht, die den Namen „Eisen“ mit Recht trug wegen sei­ner Härte, und die erst im März rich­tig genieß­bar wurde. Mir wurde erzählt, man­cher hätte diese noch sehr bekannte Sorte bei den Kar­tof­feln in Mie­ten gela­gert, dann hät­ten sie gut geschmeckt. Beim Trans­port zum Markt sei dies die unemp­find­lichste Obstart gewe­sen. Den ebenso halt­ba­ren spä­ten hel­len Pison­ap­fel habe ich erste spä­ter bei mei­ner in Loge ver­hei­ra­te­ten Schwes­ter ken­nen gelernt. Dabei war das schon eine ganz alte Sorte, die aber nicht sehr gut auf unse­rem san­di­gen Boden gedei­hen wollte. Sogar die Gärt­ner hät­ten von einer Pflan­zung abge­ra­ten, weil sie bes­ser für kräf­tige Böden taugte, sagte man mir jetzt. Als junge Bäume wuch­sen bei uns dann Klarap­fel, Cel­ler Dick­stiel, der reich tra­gende Onta­rio und die Renet­ten. Man kalkte die Rin­den und legte Leim­ringe gegen Schäd­linge. Im Apfel­kel­ler lagen auf den Rega­len bald mehr Früchte bei den alten halt­ba­ren Sor­ten. Der Klarap­fel bescherte uns schon im August ein wei­ßes Apfel­mus. Frü­her hatte das erste Fall-obst, gekocht mit Schale und Ker­nen und dann durch­pas­siert, eine saure, zucker­fres­sende und graue Masse abge­ge­ben. Auf dem Lande war es eine uralte Gepflo­gen­heit, die jewei­lig gerade reife Frucht­art zur täg­li­chen Speise zu ver­wen­den, um sie ohne Halt­bar­ma­chen zu nut­zen. Vor dem Ein­ko­chen mit dem Weck­ap­pa­rat ist es viel gesche­hen, das wochen­lang fast glei­ches Obst oder Gemüse auf dem Tisch stand. Oft wurde geläs­tert, es gäbe z.B. die Äpfel, Bir­nen, Boh­nen oder den Kohl als „Scher­garn und Ein­schlag“. Gemeint war damit der Ver­gleich, dass Kett– und Schuss­garn beim Weben von glei­cher Art und eben ohne Abwechs­lung waren. Wir Kin­der rann­ten nach jedem abge­la­de­nen Fuder Rog­gen, wo wir die Gar­ben beim Ban­sen zuwer­fen muss­ten, zum Klarap­fel­baum, ob nicht ein Apfel dar­un­ter lag und waren fut­ter­nei­disch wegen die­ser neuen, lecke­ren Apfel­sorte. Nicht nur Äpfel gab’s. Bir­nen­bäume, die „Köst­li­chen“ wuch­sen im Schwei­ne­hof an unse­rem Stall. Die und die „Grie­sen“, eine gute Sorte und noch etli­che kleine Sor­ten, die man heil gekocht als „Brat­birne“ aß, hatte wohl jeder bei sei­nem Hause. Mein Bru­der pflanzte den „Clapp’s Lieb­ling“ und But­ter­bir­nen an. Aber nicht jede Sorte der neuen wollte gedei­hen. Diese Erfah­rung gab es auch.

Zu den vie­len Zwet­schen­bäu­men und Eier­pflau­men an den Hecken und Zäu­nen wuchs bald bei den Äpfeln eine Eier­pflaume, die Mitte bis Ende August reifte und – roh und gekocht – eine Deli­ka­tesse abgab. Pfir­si­che, die „Pösch­ap­peln“, wuch­sen in man­chen Gär­ten mit gutem Ertrag, in ande­ren gedie­hen sie ein­fach nicht und waren krank. Mira­bel­len und Büh­ler Zwet­schen lernte ich eben­falls erst in Loge bei mei­ner Schwes­ter ken­nen, wo der Boden schwe­rer ist, als bei uns. Mein Schwa­ger hatte durch seine land­wirt­schaft­li­chen Lehr­jahre im Alten Land Obst­baum­kennt­nisse mit­ge­bracht. Kirsch­bäume, süße, saure und Glas­kir­schen zum Sat­tes­sen, habe ich in mei­ner Jugend zu Hause ver­misst. Die paar Bäume, die wir hat­ten, tru­gen nicht gut und Mut­ter wollte sie für’s Ein­ma­chen haben. Wie gut, dass es Bekannte, Ver­wandte und Nach­barn gab, die reich tra­gende Sor­ten hat­ten und den Kin­der­bauch bis zum Plat­zen füll­ten! Dann bloß kein Was­ser trin­ken, hieß es frü­her! Heute ste­hen viele große Kirsch­bäume bei mei­nem Eltern­hause, die mein Bru­der spä­ter pflanzte. Sor­ten gibt’s, die kön­nen mit den„Alt-Ländern“ konkurrieren.

Wein­trau­ben wuch­sen seit 1911 bei uns am neuen Hin­ter­haus., aber schon län­ger hin­ter dem Back­haus, bis zum Bom­ben­fall. Fast an jedem Haus in unse­rer Gegend stand an der Son­nen­seite das Reben­ge­wächs. Die Trau­ben wur­den meist nur in war­men Som­mern und schö­nen Herbs­ten reif zum Genie­ßen; dann schmeck­ten sie gut zum Naschen, und dafür wur­den sie verwendet.

In den drei­ßi­ger Jah­ren des vori­gen Jahr­hun­derts begann in Mart­feld der Gärt­ner Hein­rich Mase­mann mit dem Mos­ten von Äpfeln, auch mit ein biss­chen Frucht­wein­her­stel­lung. Die Mos­te­rei ist noch heute ein flo­rie­ren­des Unter­neh­men mit Fall­obst­an­nahme und Umtausch von spä­te­rem Most in Fla­schen zur Aus­wahl der vie­len Sor­ten an Säf­ten, die die Firma „Ma-Ma’s“ in ihrem Geträn­kela­den und –han­del hat. Das wird hier sehr genutzt, wo kei­ner mehr sein Obst ver­wer­tet wie frü­her. In rei­chen Obst­jah­ren stauen sich die Anlie­fe­rer zu lan­gen Schlan­gen bei den Annah­me­zei­ten auf der Straße. Unsere Mut­ter weckte frü­her für die vie­len Esser am Tisch für den Win­ter viel ein. Der Weck­ap­pa­rat mit dem Ther­mo­me­ter, die Glä­ser mit den Gum­mi­rin­gen hat­ten sich seit 1902 als prak­ti­sche Hel­fer zum Halt­bar­ma­chen von Obst, Gemüse und Fleisch schnell durch­ge­setzt. Wenn die „Köst­li­chen“ Bir­nen reif waren, füllte Mut­ter sie nach und nach in Zwei-Liter-Gläser ein, geschält und gevier­telt mit Zucker und einer Kaneel­stange. Hal­bierte ent­steinte Zwet­schen folg­ten. Köst­lich schmeck­ten diese auch abge­zo­gen mit Stein und noch bes­ser die Dreif­rucht aus Äpfeln, Bir­nen und Zwet­schen von beson­ders aus­ge­such­ten Früch­ten, die sich im Glas zu einem fei­nen Aroma ver­ein­ten. So etwas wurde auch Gäs­ten abends ange­bo­ten, keine Getränke, auch ein­ge­machte Erd­bee­ren, evtl. zu „gel­bem Pud­ding“, wie der Vanille-Pudding damals hieß. Bir­nen roh, Bir­nen ein­ge­kocht, Bir­nen getrock­net, alles konnte man genie­ßen. Mit Zwet­schen lie­ßen sich leckere Kuchen backen, sie schmeck­ten ein­ge­macht und als Essig­zwet­schen in Stein­töp­fen. Sie lie­ßen sich prima dör­ren und schmeck­ten auch ohne Zucker reif als Zwet­schen­mus auf Brot. das wurde oft in gro­ßen Men­gen gekocht und in Stein­töp­fen auf­be­wahrt. Eier­pflau­men sind ein Deli­ka­tesse, ent­kernt und abge­zo­gen und mit glei­cher Menge Zucker ein­ge­dickt. Honigsüß!!

Wer reich­lich Äpfel besaß und auch Obst ande­rer Sor­ten, ver­kauft sie gepflückt, auf Stroh abge­la­gert, an ver­ab­re­dete Käu­fer. Auch Eier– und But­ter­händ­ler nah­men sie gern mit zum Markt. Der Him­beer­ap­fel sei immer der begehr­teste und teu­erste gewe­sen, hat mir jemand ver­ra­ten, der frü­her sel­ber mit Obst zum Markt fuhr. Stra­ßen­bah­ner, die die „Elek­tri­sche“ fuh­ren und beglei­te­ten und viel­fach von den Dör­fern in die Stadt gekom­men waren, seien Haupt­kun­den und auch Ken­ner gewe­sen. Natür­lich haben wir uns erst roh an halb­rei­fen und rei­fen Früch­ten vom Baum bedient. Jeder aß, was er mochte zu jeder Zeit. Apfel­mus stand dann täg­lich zu allen Mahl­zei­ten auf dem Tisch. Getrock­net wurde spä­ter weni­ger, wie schon beschrie­ben. Das brauchte eben Zeit – und Kön­nen! Im Kel­ler­la­ger wur­den die Äpfel fast täg­lich durch­ge­sucht. Man holte sie zum abend­li­chen rohen Ver­zehr und aß sie mit und ohne Schale bis in den Früh­ling hin­ein. Schweine und Vögel freu­ten sich über ange­faulte und aus­sor­tierte Früchte. Gelee vom Apfel war etwas Beson­de­res. Der, das sei noch gesagt, gelang am Bes­ten von säer­li­chen unrei­fen Äpfeln. Mit dem vie­len Zucker dazu war das wie­der eine Kost­bar­keit in frü­he­ren Jah­ren und die gab’s sonn­tags auf Stuten.

Holun­der­bü­sche stan­den viel wild wach­send in unse­rer Gegend. Mut­ter setzte von Blü­ten einen Sekt an. Beim Getrei­de­mä­hen war es bei uns so Sitte gewor­den, dass um fünf Uhr nach­mit­tags, ohne Arbeits­un­ter­bre­chung, jedem Bin­der und den Maschi­nen­füh­rern die­ser Trank ein­ge­schenkt wurde. Das war bele­bend, aber beschwipste nicht. Unsere jun­gen Nach­barn stell­ten erst­klas­si­gen Brom­beer­wein her, den sie manch­mal beim Mähen auch um diese Zeit tran­ken. Das bekam ihrem Vater zuwei­len nicht gut in der Hitze. Er kroch auf allen Vie­ren zur nächs­ten Korn­ho­cke und musste pau­sie­ren, weil er gern ein Glas zu viel trank.

Von den Brom­bee­ren, die in allen Hecken reif­ten, die die Wie­sen und Wei­den von­ein­an­der trenn­ten, war der Saft frü­her genau so beliebt, wie noch heute. Aber auch die Flie­der­bee­ren, wie wir den Holun­der nann­ten, zu Saft berei­tet, bil­det heiß getrun­ken eine Arz­nei bei Erkäl­tun­gen und schmeckt fast wie ein Glüh­wein. Kalte und heiße Sup­pen davon, mit Grieß­klöss­chen oder Zwie­back und evtl. einem Schuss Rot­wein darin, waren am Mit­tag Genüsse als Vor­speise nach har­ter Arbeit.

Viele Bewoh­ner hat­ten Wal­nuss­bäume auf ihren Grund­stü­cken ste­hen, das ist auch heute noch so. Hasel­sträu­cher wuch­sen über­all und die Nüsse wur­den geern­tet, wenn die Eich­hörn­chen („Kathe­kel“) nicht schnel­ler gewe­sen waren. Hage­but­ten und Schle­hen, die es über­reich­lich bei den vie­len Knicks in unse­rer Land­schaft gab, pflück­ten sich manch­mal Ken-nen aus Fle­cken und Städ­ten. Wir wuss­ten sie noch nicht so recht zu ver­wer­ten und es fehlte auch Zeit, sie zu ern­ten. Ebenso wuch­sen auch Quit­ten nur bei Ken­nern von die­sem gelee in deren Gärten.

Pilze schos­sen über­all aus dem Boden. Nie­mand kannte sich recht aus. Die Cham­pi­gnons wuch­sen in feucht­war­men Herbs­ten in gro­ßen Rin­gen in der Maase, der Wiese an der gro­ßen Forst. So ein Pilz­ge­richt dufte erst auf den Tisch, als wir erwach­se­nen Kin­der die Pilze sam­mel­ten und auf der Ver­wer­tung bestan­den. Meine Schwes­ter ist nach dem Kriege, von schle­si­schen Flücht­lin­gen inspi­riert, zu einer lei­den­schaft­li­chen Samm­le­rin gewor­den und wusste die Arten mit Hilfe ihrer vie­len Pilz­bü­cher gut zu bestimmen.

Im Gemü­se­gar­ten, wo bei uns der Weg zum Back­nach­barn hin­durch ging, bestimmte die Haus­frau den Anbau an Sor­ten und Menge, wie sie es für den Haus­halt für nötig hielt. Bei vie­len Hof– und Haus­stel­len stan­den die Bee­ren­sträu­cher in einer Ecke des Blu­men­gar­tens. Bei uns hat­ten sie ihren Platz zwi­schen dem Zaun des Apfel­ho­fes und längs des genann­ten Weges. Vornan spross der Rha­bar­ber, es folgte eine Reihe roter Johan­nis­bee­ren, dann Sta­chel­bee­ren, kleine, rote und dicke Sor­ten, und die Him­bee­ren. Die lecke­ren schwar­zen Johan­nis­bee­ren gab es lei­der nicht bei uns. Sonst ließ sich alles bequem pflücken.

Das den Weg beglei­tende Stück Land wurde jähr­lich wech­selnd bepflanzt. Hier wuch­sen auch die Erd­bee­ren. Da sonst noch viel Raum in unse­rem Hof­gar­ten war, wurde immer ein Stück mit­tel­frühe Kar­tof­feln für den Haus­halt ange­baut. Zum Frucht­wech­sel gab es Ser­adella oder Spör­gel für die Schweine zum Mähen, auch mal ein Stück Rog­gen und immer noch ein Stück Gemü­se­land zusätz­lich. für grö­ßere Beete mit Erb­sen, Boh­nen Gur­ken und Kohl. Da war es wei­cher, weil das Land gepflügt war, wäh­rend das Dau­er­stück gegra­ben wurde und Mist dahin kam, wo er nötig war, denn nicht jedes Gemüse ver­trug fri­schen Dün­ger. Die Pflan­zung wurde sorg­fäl­tig geplant. Nicht alles Saat­gut war mehr selbst gezo­gen wie frü­her. Kleinsä­me­reien wur­den beim Gärt­ner und in Kauf­manns­lä­den im Fle­cken schon damals in der heu­ti­gen Art ange­bo­ten. Auch Boh­nen und Erb­sen konnte man lose kau­fen und so das Saat­gut auf­fri­schen. Den­noch reifte ein Teil der Früchte für neue Samen. Es brauchte Zeit und Sorg­falt und gutes Auf­be­wah­ren, wenn sie im nächs­ten Jahr kei­men sollten.

Das Wet­ter des Früh­jahrs hat schon immer die Zeit der Aus­saat bestimmt. Jeder gab gern beim Nach­barn mit einer ers­ten jun­gen Kar­tof­fel­mahl­zeit mit Salat Anfang Juni an. Dafür wurde extra eine Reihe ganz früh gesetzt und gehü­tet. Aber auch die dicken Boh­nen kamen früh in die Erde, dann ver­laus­ten sie nicht so schnell. Salat, Möh­ren, Peter­si­lie, Dill Schnitt­lauch, Mai­erb­sen, Radies­chen hat­ten ein Beet und wur­den nach Bedarf und Gedei­hen nach­ge­sät. So wuch­sen alle Sor­ten Salate von brau­nem, grü­nem Schnittsa­lat oder Kopf­sa­lat für den Mit­tags­tisch heran oder zu den Brat­kar­tof­feln, ange­macht wur­den sie mit Flott (Rahm) und Zucker oder Dick­milch. So moch­ten wir ihn am liebs­ten. Vize­boh­nen durf­ten nicht in der Him­mel­fahrts­wo­che gelegt wer­den, dann kamen sie ohne Kopf, hieß die alte Bau­ern­re­gel. Auch der Schin­ken durfte erst ange­schnit­ten wer­den, wenn der Kuckuck geru­fen hatte. Das war so drei Tage vor dem Mai­tag. Um diese Zeit klap­perte damals auch der Storch auf der Nach­bars­scheune meist erst­ma­lig. Die Mai­erb­sen, aus­ge­pahlt mit Karot­ten, Peter­si­lie und Grieß­klöß­chen als Suppe mit etwas Zucker, Stück But­ter und Mehl gesämt, dazu ein Stück Schin­ken, war im Juni fast ein Sonntagsessen.

Erb­sen gab’s viele Sor­ten. Die zum Ein­ma­chen wuch­sen an Rank­hil­fen aus Sträu­chern oder Draht. Das Ein­frie­ren kön­nen heute erleich­tert die emp­find­li­che Halt­bar­ma­chung. Leicht ging frü­her ein Glas Ein­ge­mach­tes auf und war ver­dor­ben. Beson­ders Erb­sen waren emp­find­lich. Reife Erb­sen und Boh­nen wur­den zum Trock­nen im Wagen­schauer auf­ge­hängt. In mei­nen Kin­der­jah­ren drosch meine Mut­ter sie im Win­ter auf der Diele mit dem Fle­gel aus. Dann wur­den sie am Küchen­tisch ver­le­sen. Mir ist der bit­ter­kalte, schnee­rei­che Win­ter 1928/29 in Erin­ne­rung geblie­ben. Da saß auch unser Knecht mit am an den Herd gerück­ten Tisch zum Sor­tie­ren, denn drau­ßen war keine Arbeit zum Aus­hal­ten. Hin­aus musste er nach Mit­tag, ein Pferd anschir­ren und „scharf“ machen (Stol­len in die Huf­ei­sen dre­hen) und dann mit dem Schlit­ten meine Geschwis­ter von der Schule in Bruch­hau­sen holen. Das ist mir unver­gess­lich in Ver­bin­dung mit den vie­len Gefä­ßen mit den ver­le­se­nen Boh­nen und dem Boh­nen­stroh samt Hül­sen und einem unge­wohn­ten Hel­fer. Boh­nen aus eige­ner Ernte wur­den län­ger getrock­net geern­tet als die Erb­sen, weil die Erb­sen als geschälte in den Läden ange­bo­ten wur­den und bekömm­li­cher waren.

Zwie­beln wur­den immer gebraucht zum Wür­zen. Die Scha­lot­ten zu Sala­ten und von den dicken brauchte man viel zum Schlach­ten. Sie wur­den auf­ge­hängt getrock­net oder in Kis­ten gela­gert und muss­ten bis zum Früh­jahr rei­chen. Wur­zeln, Blu­men­kohl, Kohl­rabi, Wir­sing­kohl, Rot– und Weiß­kohl, Rote Beten, Sel­le­rie, Por­ree, das Sup­pen­ge­müse, nichts durfte für die Ver­sor­gung in den Som­mer­mo­na­ten feh­len. Wie viel Sor­ten Boh­nen gab es! Die ers­ten oft krumm und kurz. Die gel­ben kamen als Salat­boh­nen ins Glas. Boh­nen für Salat, Suppe, zum Schnip­peln und zum Trock­nen, Busch­boh­nen, Stan­gen­boh­nen. Die rank­ten an Schech­ten von jun­gen entas­te­ten Tan­nen. Die waren einige Meter lang und wur­den sorg­fäl­tig in die Beete gesteckt und ebenso sorg­sam für die nächste Ernte ste­hend gela­gert. Daran rank­ten die lan­gen Boh­nen, die gern geschnip­pelt wur­den. Dazu lieh man sich eine spe­zi­elle Maschine aus. Die geschnip­pel­ten Boh­nen wur­den mit Salz wie Sau­er­kraut in ein gro­ßes Stein­gut­ge­fäß gestampft und dann als Gemüse süß­sauer zube­rei­tet. Gut schmeck­ten sie, aber bei der Ent­nahme aus dem gro­ßen Gefäß stan­ken sie ent­setz­lich. Gut schmeck­ten uns auch gestü­ckelte grüne Boh­nen gekocht mit Äpfeln und leicht gesäu­ert. Die Olden­bur­ger und Ost­frie­sen lieb­ten Bir­nen darin. Die aus­ge­pahl­ten Boh­nen, im Win­ter mit Sup­pen­wurst, waren auch nicht zu ver­ach­ten. Da gehörte Sel­le­rie und Por­ree hin­ein, und den hatte man in Sand ein­ge­la­gert. So hielt man auch die Wur­zeln (Möh­ren) lange knackig.

Gur­ken wur­den viel gelegt und Sor­ten gab es auch viele. Die emp­find­li­che Pflanze ver­langte sorg­same Pflege. Man durfte nicht auf die Ran­ken tre­ten, damit die Frucht nicht bit­ter wurde, hieß es frü­her. Diese Früchte, von ganz klein bis zur gel­ben Reife geern­tet, gaben eine Viel­falt an Genuss­mög­lich­kei­ten. Die Rezepte für die klei­nen Pfef­fer­gur­ken, Salz-, Senf-, Zucker-, Essig– und Azia-Gurken und was es noch an Namen gibt, zu erwäh­nen, würde zu lang­at­mig wer­den. Frü­her wur­den sie mit Sali­cyl halt­bar gemacht, dann kam die Ein­mach­hilfe mit Sor­bit von Dr. Oet­ker. Gur­ken wur­den in Stein­töp­fen ein­ge­legt und zuge­bun­den. Man kochte sie auch in kleine Glä­ser ein und als Salat waren sie schon immer beliebte Bei­gabe zu Bra­ten und Brat­kar­tof­feln. Steck­rü­ben zum Essen wuch­sen meist bei den Run­kel­rü­ben. Dort war auch oft ein Geviert für den Weiß­kohl ange­legt, den man für das Sau­er­kraut brauchte. Der ein­ge­stampfte gesal­zene Kohl war ein ganz wich­ti­ges Win­ter­es­sen. daran hat sich nichts geän­dert. Nur isst man ihn heute öfters anders als frü­her mit dem gepö­kel­ten Schwei­ne­fleisch. Der Grün­kohl war für den Win­ter ebenso wich­tig und wurde meist als Nach­frucht gepflanzt. Die Pflan­zen hatte man zuvor aus der Saat her­an­ge­zo­gen. Da stand er oft bis ins Früh­jahr hin­ein drau­ßen, denn man wusste ihn noch nicht so zu kon­ser­vie­ren, wie heute. Sehr kalte Win­ter zer­stör­ten ihn und Hasen und Rehe waren auch nicht abge­neigt, die­ses Grün zu genie­ßen. Kür­bisse wuch­sen oft rie­sen­groß am Kom­post­hau­fen und nah­men kein Land­stück weg.

Erd­bee­ren und Rha­bar­ber, die gelieb­ten Genüsse, waren in mei­ner Kind­heit noch Stief­kin­der in der War­tung in unse­rem Gar­ten und brach­ten des­we­gen nicht den gewünsch­ten Ertrag. Da half mein Bru­der mit sei­nem neuen Wis­sen von dem Fort­bil­dungs­un­ter­richt mit Neu­an­pflan­zung und Dün­gung nach. Über­haupt griff mein Bru­der öfter in den Dün­ger­sack und ver­sorgte das aus­ge­mer­gelte Land mit Sal­pe­ter, Kali, Tho­mas­mehl und Kalk­stick­stoff. Kalk­stick­stoff brachte schnel­le­ren Wuchs der Früchte und er unter­drückte das Unkraut. Das uner­müd­li­che Jäten, Hacken und Zup­fen der vie­len Unkräu­ter gehörte zur Bestel­lung und Pflege des Ackers und der Gar­ten­früchte. Gespritzt wurde nicht. Hart­nä­ckig wucherte die Quecke. Vogel­fuß samte schnell, wie spä­ter das schlimme Fran­zo­sen­kraut, und ließ sich schwer raus­zie­hen, wie auch der Löwen­zahn und der Schach­tel­halm. Vogel­miere, Kamille, Giersch und Nacht­schat­ten mach­ten sich über­all breit. Die so bewun­der­ten Korn­blu­men stör­ten emp­find­lich eine gute Korn­ernte für sau­be­res Brot­mehl. Wo Hacke und Sense nicht hin­ka­men, wucher­ten Brenn­nes­seln, Taub­nes­seln, Roter Hin­nerk (Hein­rich), Giersch und Dis­teln. Die Dis­teln im Korn mach­ten die schwere Arbeit beim Bin­den, Hocken, Laden, Ban­sen und Dre­schen zu einer ganz schmerz­haf­ten Ver­rich­tung. Da war eine Ver­nich­tung vorm Aus­brei­ten wün­schens­wert. Mit der bes­se­ren Pflege gedieh der Rha­bar­ber nun üppig bis August. Erd­bee­ren gab es nicht mehr zuge­teilt. Sie füll­ten Weck­glä­ser für den Win­ter­pud­ding, schmeck­ten roh mit war­mem Vanil­le­pud­ding über­gos­sen fabel­haft, wenn wir Kin­der mit­tags nicht nach Hause konn­ten, und unsere Mut­ter uns dies, in kleine Weck­glä­ser gefüllt, mit­gab. Saft, Mar­me­lade und Gelee von den Bee­ren­sträu­chern und allen ande­ren Früch­ten konn­ten frü­her nicht so schnell und gut wie in die heute übli­chen Schraub­glä­ser gefüllt wer­den. Sali­cyl wurde zum Halt­bar­ma­chen hin­ein­ge­rührt, Sali­cyl­pa­pier bedeckte das Ein­ge­füllte, ehe es mit Lei­nen­stü­cken, Per­ga­ment oder Glas­pa­pier und Bind­fa­den ver­schlos­sen wurde. Heute ist Sal­cyl nicht mehr erlaubt. Es gibt andere Hilfs­mit­tel, wenn Zucker und Essig nicht allein die Halt­bar­ma­chung garan­tie­ren. Stun­den­lan­ges Kaltrüh­ren löste frü­her den Zucker für gute Säfte auf. Sonst wur­den die Früchte auf­ge­kocht und heiß in einen durch­läs­si­gen Beu­tel geschüt­tet. Dafür war ein umge­kehr­ter Stuhl zum Auf­hän­gen und eine Schale zum Auf­fan­gen sehr prak­tisch. Der Saft wurde mit Zucker noch­mals auf­ge­kocht und heiß in Fla­schen gefüllt und mit Stoff­lap­pen zuge­bun­den. Frucht­saft für Gelee rührte man so lange mit dem Zucker auf dem Herd, bis er end­lich steif wurde. Auch Mar­me­la­den brauch­ten ein lan­ges Rüh­ren und brann­ten leicht an. Wie ein­fach geht das heute mit den Gelierhilfen!

Spi­nat, Schwarz­wur­zeln, Rosen­kohl, Toma­ten und Spar­gel berei­cher­ten erst nach Jah­ren unsere Gemü­se­beete. „Watt den Buur nich kennt, dat itt he nich!!“ Da war unsere kin­der­lose Back­nach­bars­frau schon lange mit Toma­ten ver­traut. Sie wird sich manch­mal gewun­dert haben, dass ihre Ernte gering aus­fiel. Als Kin­der spiel­ten wir begeis­tert India­ner und stromer­ten durch Wie­sen und Äcker. Da hat­ten wir die roten Früchte bei ihrem Gemü­se­stück ent­deckt, die unbe­dingt pro­biert wer­den muss­ten. Unsere Nach­ba­rin mochte Kin­der gern; wenn sie uns in Ver­dacht hatte, wird sie nie böse gewe­sen sein, beru­hige ich das schlechte Gewis­sen. Grüne süße Erb­sen­scho­ten waren eben­falls ein Kin­der­be­geh­ren. Da sollte der Hin­weis auf „Arf­ken­bock“ („Erb­sen­bock“), der uns dabei grei­fen würde, abschre­cken. Nicht die feh­len­den Scho­ten mach­ten den Ver­lust, schlim­mer war bei die­sen Die­be­reien das Raus­rei­ßen des gan­zen Strau­ches, der dann welkte. Man musste die Erb­sen vor­sich­tig mit zwei Hän­den pflü­cken, um sol­ches zu vermeiden.

Ein Über­fluss an Gemüse war sel­ten. Schweine waren gute Res­te­ver­wer­ter Butter-händler nah­men eini­ges mit zum Markt. Gemü­se­lä­den gab es in den Dör­fern und Fle­cken nicht. Jeder Haus­halt hatte dort einen eige­nen Gar­ten, oft nach Schre­ber­gar­ten­art. Per­sön­li­che Ver­bin­dun­gen ver­mit­tel­ten Über­fluss, Man­che pflanz­ten von vor­ne­her­ein für Ver­wandte und Bekannte mit an.

Den ganz frü­hen Kar­tof­feln wur­den immer wie­der kleine Beete für den bal­di­gen Ver­zehr vor­be­hal­ten. Hier wuchs meist hin­ter­her der Grün­kohl. Er waren nicht immer die ertrag­rei­chen Sor­ten, son­dern beson­ders gut schme­ckende und sel­tene, wie die „Roten Mäuse“ für Salat. Spä­ter gab es die Hol­län­der Erst­linge und Vera. Sieg­linde ist noch heute bekannt als gute Früh­kar­tof­fel­sorte. An „Bona“ und „Lori“ erin­nere ich mich als mit­tel­frühe Sor­ten. Auf dem Feld, für den Win­ter­vor­rat und die Schwei­ne­mast gut vor­be­rei­tet, wuch­sen „Heide (a)“, „Ler­che“, „Indus­trie“ und „Acker­se­gen“. In den drei­ßi­ger Jah­ren kam eine sehr große, ertrag­rei­che, rot­scha­lige, weiß­meh­lige Sorte für die Mast auf, die die Idee zum Ein­säu­ern auf­brachte. Sie hatte einen kur­zen und mir nicht mehr bekann­ten Namen und ver­schwand auch schnell wie­der aus dem Anbau aus mir unbe­kann­ten Grün­den. Kar­tof­feln, die nicht ein­ge­säu­ert wur­den und für das Essen und Pflan­zen gedacht waren, muss­ten sor­tiert wer­den, ehe sie im Kel­ler über­win­ter­ten. Dafür gab es Rüt­tel­ma­schi­nen oder man ver­las per Hand. Ess­kar­tof­feln und die ver­schie­de­nen Pflanz­kar­tof­feln lager­ten in Boxen unter­teilt und durf­ten nicht höher als einen Meter dick lie­gen. Wer kei­nen Kel­ler mit guter Belüf­tung besaß, mie­tete sie ein. Bei sehr kal­ten Win­tern konnte dort ein Ver­frie­ren vor­kom­men. Hier sei erwähnt, dass es in mei­ner Jugend noch viele Erd­kel­ler gab, wo alles für den täg­li­chen Bedarf auf­be­wahrt wurde. Das war prak­tisch bei nor­ma­lem Was­ser­stand. Sonst konnte das Betre­ten schwer wer­den und die Was­ser­ver­duns­tung Fäul­nis bringen.

Blu­men zum Schnei­den wuch­sen zwi­schen Gemü­se­rei­hen auch frü­her schon. Astern und Mal­ven wur­den gesät und Dah­lien, Geor­gi­nen und Mont­bre­tien gepflanzt, deren Knol­len im Win­ter im Apfel­kel­ler lager­ten. Dem Blu­men­gar­ten, frü­her ohne Rosen­flä­che und mit Buchs­baum­bee­ten und –wegen fehlte Platz für diese Blu­men. Büsche von For­sy­thien, wei­ßem Schnee­ball, Syrin­gen (Flie­der), Lebens­baum, Geisblatt-Lauben und ande­ren alten Blü­hern umrahm­ten die Tel­ler­ro­sen, rosa Pfingst­ro­sen, Lupi­nen, Ake­lei, Mar­ge­ri­t­hen, Rho­do­den­dron, trä­nende Her­zen und Hor­ten­sien, wo früh Schnee­glöck­chen, Kro­kusse, Nar­zis­sen, Pri­meln und spä­ter die duf­ten­den wei­ßen Nar­zis­sen blüh­ten. Rosen und andere Som­mer­blu­men folg­ten und im Herbst die vie­len Aster­stau­den. Wilde Pri­meln, Buschwind­rös­chen und Wald­meis­ter fan­den wir bei Spa­zier­gän­gen reich­lich in dem nahen Forst, der „Hoyaer Weide“.

Mein Bru­der hat vor 70 Jah­ren durch mehr Dün­gung mit Kunst­dün­ger den vor­her oft­mals kar­gen Wuchs in Feld und Wie­sen, bei Obst und Gemüse zu reich­hal­ti­ge­ren Ern­ten ent­wi­ckelt. Das ist sicher bei mei­nen Aus­füh­run­gen kri­tisch betrach­tet wor­den. Heute ist das ver­pönt und nicht „in“. Bio-Erzeugnisse sol­len es sein, unge­düngt. Gewiss ist ein Über­maß und fal­sche Anwen­dung von Kunst­dün­ger abzu­leh­nen. Die Men­schen in Europa sind über­satt und ängst­lich um die Spei­sen. Man glaubt beim Min­dest­halt­bar­keits­da­tum schon an Ver­fall. Hun­ger würde andere Maß­stäbe set­zen. Wir Älte­ren wis­sen das aus Erfah­run­gen und wir konn­ten für gute und weni­ger gute Ern­ten dank­bar sein.

Die Ernäh­rung machte Mühe und Arbeit, die Mühe und Arbeit war Selbst­er­hal­tung. Es leb­ten viele Men­schen in einem Haus­halt, viele Hände brauchte man, um alle not­wen­di­gen Arbei­ten zu ver­rich­ten. Zu die­sen Arbei­ten gehör­ten frü­her auch der Flachs­an­bau bis zum Weben der ver­spon­ne­nen Fäden. Auch die Schaf­wolle musste gespon­nen und ver­strickt wer-den. Das Fär­ben gehörte dazu. Müßig­gang war unbe­kannt. Was hat hier die rasante tech­ni­sche Ent­wick­lung in weni­gen Jahr­zehn­ten für Ände­run­gen gebracht! Viel Frei­zeit – dafür wird gear­bei­tet. Satt wird man ja von ganz allein. Alles zum Lebens­un­ter­halt gibt es zu kau­fen – auch auf dem Lande. Aber wach­sen und ver­ar­bei­tet wer­den muss es noch immer.

Char­lotte Hom­feld im Februar 2002