Die Ernäh­rung auf dem Lande – Auf­zeich­nun­gen von Char­lotte Hom­feld aus Kleinenborstel

Milch­ho­len mit dem Joch

Das Leben der Dienstboten

Zur Lebens­zeit der Groß­el­tern brauchte man ein­fach mehr Hände für einen ganz ande­ren Lebens­stil. Die Mägde muss­ten im Som­mer drei­mal am Tage mit dem Joch auf zum Teil wei­ten Wegen die Milch nach dem Mel­ken heim tra­gen und ver­ar­bei­ten hel­fen. Im Win­ter waren im Stall die frisch gekalb­ten Kühe vier Mal zu mel­ken. Die Haus­ar­beit gab es das ganze Jahr hin­durch für sie zu tun. Oft waren Gäste im Hause zu bedie­nen. Von Früh­jahr bis Herbst kamen Feld– und Gar­ten­ar­bei­ten dazu. Nur der auf­wen­dige Flachs­an­bau, die Ver­ar­bei­tung des Flach­ses bis hin zum Spin­nen und Weben spann­ten alle Haus­be­woh­ner zum Hel­fen ein.

Viel Arbeit für Knechte

Zur Feld­be­stel­lung und für die Stall­ar­bei­ten brauchte man die jun­gen star­ken Bur­schen. Wenn auch oft der Bauer sein Feld sel­ber pflügte, das Pla­gen­hauen und den schwe­ren Mist auf die Äcker zu brin­gen ist immer Knechts­ar­beit gewe­sen. Die Ern­te­zeit bean­spruchte wie­derum die Mit­hilfe aller Arbeits­fä­hi­gen auf der Hofstelle.

Das abge­la­gerte Korn ist in der hie­si­gen Gegend meist noch bis in die 80-er Jahre des vor­vo­ri­gen Jahr­hun­derts mit den Fle­geln gedro­schen wor­den. Mit Dre­schla­ter­nen begann das zur Win­ter­zeit lange vor Tages­an­bruch und ver­langte den Män­nern viel Schlag­kraft und Aus­dauer ab. Mein Vater, der 1874 gebo­ren ist, erzählte, er hätte als gro­ßer Junge schon vor dem Gang zur Schule mit den Knech­ten und Tage­löh­nern dre­schen müs­sen. Das war keine Aus­nahme. Danach kamen Spitz­dre­schma­schi­nen auf die Die­len, die mit Pfer­de­gö­peln1 in Betrieb gesetzt wur­den. Es war eine ganz große kör­per­li­che Erleich­te­rung, doch für einen zügi­gen Dreschvor­gang muss­ten viele Per­so­nen zupacken.

So blieb es auch, als nach Ein­füh­rung der Elek­tri­zi­tät um 1912/14 Moto­ren die Göpel ersetz­ten. Die neuen gro­ßen Breit­dre­schma­schi­nen leer­ten die Korn­ban­sen in den Scheu­nen schnel­ler. Viele Hände waren nötig für das Gar­ben­zu­wer­fen, das Ein­le­gen in die Maschine, das Stroh­bin­den zu Bul­schen, deren Weg­tra­gen und das Aus­wech­seln der gefüll­ten Korn­sä­cke. Sol­che Arbeits­tage konn­ten wie in Ern­te­zei­ten 12 bis 14 Stun­den und mehr dau­ern, weil auch immer die all­täg­li­chen Arbei­ten erle­digt wer­den mussten.

Der abge­machte Lohn galt als Monats­lohn der Dienst­bo­ten und berück­sich­tigte nicht die Zahl der Arbeits­stun­den. Da gab es schon mal Unzu­frie­den­heit bei zu gro­ßer Aus­nut­zung. Ein ver­stän­di­ger Dienst­herr glich sol­che Leis­tun­gen mit ein paar Frei­stun­den in arbeits­är­me­ren Zei­ten aus. Das aller­dings erregte Neid bei Gehil­fen von nicht so groß­zü­gi­gen Bau­ern und die wie­derum sahen mit Unmut auf den spen­da­blen Nachbarn.

Wege kos­te­ten viel Zeit. Nur ganz spar­same Dienst­bo­ten konn­ten sich ein Fahr­rad leisten.

Viel, viel Zeit kos­te­ten frü­her Wege. Um 1880 waren end­lich die meis­ten Land­stra­ßen mit Stei­nen bepflas­tert. Bald dar­auf sah man auch auf dem Lande die ers­ten Hoch­rä­der fah­ren und um 1900 mehr und mehr die Zwei­rä­der, die unse­ren heu­ti­gen schon ähn­li­cher waren. Das Rad­fah­ren galt in jenen Jah­ren als „chic“ in den Bau­ern­krei­sen und eine spe­zi­elle Klei­dung gehörte dazu. Nur ganz spar­same Dienst­bo­ten konn­ten sich ein Fahr­rad leis­ten. Das Zufuß­ge­hen gehörte bis nach der Infla­tion 1923 zu ihrem Stand.

Bau­boom

Noch etwas prägte die „gute Kai­ser­zeit“: Das Bauen von neuen Häu­sern. Das Hand­werk der Mau­rer, Zim­mer­leute, Dach­de­cker und Tisch­ler blühte. Die Bau­ern lie­ßen sich „Vil­len“ errich­ten, wie die neue Bau­art auf alten Ansichts­kar­ten bezeich­net wird. Viel­fach ent­stan­den zwei­ge­schos­sige Stein­bau­ten hin­ter den alten Fach­werk­häu­sern und trenn­ten nun ganz das Vieh vom Wohnbereich.

Große Haus­flure und viele Räume erhiel­ten die neuen Häu­ser. Zu einer Wohn­stube gehör­ten für viele Gäste zwei gute Stu­ben. Zu den Schlaf­räu­men der Fami­li­en­an­ge­hö­ri­gen gab es ein bis zwei Frem­den­zim­mer in bes­ter Lage im obe­ren Stockwerk.

Die waren nötig für jene Gäste, die nicht an einem Tag mit Pferd und Kut­sch­wa­gen die Heim­fahrt schaf­fen konn­ten oder mit der neuen Bahn anreis­ten. Die fer­nen Ver­wand­ten und Freunde blie­ben damals ganz beru­higt eine oder zwei Nächte von ihren Anwe­sen fern, weil dort genü­gend zuver­läs­si­ges Per­so­nal Haus und Vieh ver­sorgte. Auch der Gast­ge­ber ver­fügte dar­über. Er hatte Zeit für die Bewir­tung und konnte das Bei­sam­men­sein bei guter Kost, Kaf­fee, Brannt­wein und den lan­gen Pfei­fen ruhig genie­ßen. Für die zusätz­li­chen Vor­be­rei­tun­gen der Spei­sen, für die Auf­war­tung und den Abwasch, für die Zim­mer­pflege und Betreu­ung der Besu­cher­pferde waren ja die Dienst­bo­ten da. Dies Wohl­er­ge­hen der Bau­ern endete mit dem 1. Welt­krieg. Danach war sie nicht mehr die vor­nehme Herr­schaft, die bedient wurde.

Die Gehil­fen schlie­fen schon längst nicht mehr auf den Hil­len2, den­noch besa­ßen sie nie einen so schö­nen Raum wie die Gäste. Für die Magd genügte eine Dach­kam­mer; auch bei uns im Neu­bau von 1911.

Pitch­pi­ne­holz für die Fens­ter, brei­ten Mar­mor für deren Bänke, schöne Flie­sen und Kacheln für Haus­flur und Küche hatte der Groß­va­ter einige Jahre vor sei­nem Tode hin­ein bauen las­sen. Für die Magd reichte die Schräg­kam­mer hin­ter dem Kin­der­zim­mer. Dort erhellte nach 1914 kein elek­tri­sches Licht den Raum wie in allen gro­ßen Zim­mern des Hau­ses. Ein Dienst­bote könnte ja die ganze Nacht das Licht bren­nen las­sen! Ein Talg­licht genügte an dunk­len Tagen. Die offene Tür vom erleuch­te­ten Kin­der­zim­mer half das Zurecht­fin­den vorm Schla­fen­ge­hen. Uns schlaf­trun­ke­nen jün­ge­ren Kin­dern ver­mit­telte das eine ver­traute Nähe zur Nachtzeit.

Im Bett der Magd lag nun eine Matratze, im alten Haus war noch Stroh die Unter­lage gewe­sen. Eine Gar­de­robe mit Haken und Vor­hang reichte für die bes­se­ren Klei­der, ein offe­nes Regal für die Wäsche. Stuhl und Hocker dien­ten zum Able­gen der Klei­dung vor dem Schla­fen­ge­hen. Eine kleine Matte ließ die Füße dabei nicht ganz kalt wer­den. Ein im Herd erwärm­ter Zie­gel­stein half not­falls zum bes­se­ren Ein­schla­fen. Den­noch müs­sen Raum und Inven­tar den Mäg­den gefal­len haben. Sie blie­ben teil­weise lange bei und.

Die Schlaf­stel­len der Knechte lagen sel­te­ner noch bei den Pfer­de­bo­xen, aber meist in den Stäl­len der Schweine. Bei uns kenne ich nur die Kam­mer im neuen Schwei­ne­stall von 1916/27 mit Zugang von der Fut­ter­kü­che. Es war ein gro­ßer Raum mit eiser­nem Fens­ter und wenig Mobi­liar. Im Som­mer war es hier ange­nehm kühl, im Win­ter aber eisig kalt. Wände und Bett­stroh wur­den feucht. Die Zude­cke gefror hier in sehr kal­ten Win­tern vom Atmen noch weit schlim­mer als bei uns im neuen Haus.

Nur aus der Fut­ter­kü­che kroch manch­mal Wärme vom Kar­tof­fel­ko­chen für die Schweine durch die Tür­rit­zen. „Sie beka­men den schlech­tes­ten Raum,“ schrieb Anton Wild­gans. Den­noch lieb­ten viele Knechte ihre Behau­sun­gen in den Stäl­len und auf den Kel­ler­kam­mern, weil sie dort unge­stört kom­men und gehen und sich mit Freun­den tref­fen konn­ten. Das ver­mochte die Magd im Hause nicht so gut.

Sonn­tags sau­bere Hem­den
Knechte und Mägde: Nach Fei­er­abend Strümpfe stop­fen, Wäsche aus­bes­sern, Zei­tung lesen

Eine Wasch­ge­le­gen­heit gab es in ihrer Kam­mer nicht. Die Eltern hat­ten eine große Wasch­kom­mode in ihrem Schlaf­raum. In den Gäs­te­zim­mern stan­den Por­zel­lan­schüs­seln und Was­ser­kan­nen auf klei­nen Kommoden.

Die vom Arbei­ten oder Bar­fuß­lau­fen oft sehr schmut­zi­gen Füße rei­nig­ten die Haus­be­woh­ner nach­ein­an­der vorm Aus– oder Schla­fen­ge­hen in dem Abwasch­raum der Küche oder drau­ßen auf einer Holz­bank. Hier, oder auch drau­ßen, konn­ten vor den Mahl­zei­ten die dre­cki­gen Hände mit Kern­seife und Bürste in der email­lier­ten Wasch­schüs­sel geschrubbt wer­den. Für das Gesicht reichte oft ein feuch­ter Wasch­lap­pen, der auch ver­schwitzte Ach­sel­höh­len erfrischte. Das ver­brauchte Was­ser goss man in hohen Bogen zum nahen Mist­hau­fen. Eine Pumpe lie­ferte fri­schen Nachschub.

Zum Abtrock­nen hin­gen grob­ge­webte Hand­tü­cher in bei­den Küchen. Diese Rei­ni­gung genügte all­ge­mein für den All­tag. Am Sonn­tag­mor­gen war die gründ­li­che Waschung mit Hem­den­wech­sel für alle. Wir Kin­der hat­ten das Ritual meist in der war­men Küche. Die Dienst­bo­ten konn­ten nach Belie­ben Schüs­sel, Hand­tü­cher und war­mes Was­ser in ihre Räume neh­men. Viel Holz musste im Herd für hei­ßes Was­ser nach­ge­legt wer­den, damit es für alle reichte.

Nach der Außer­kraft­set­zung der alten Gesin­de­ord­nung hat sich man­ches ver­än­dert. Wo es keine Gesin­de­stube gab, saßen die Dienst­bo­ten nach Fei­er­abend bei der Fami­lie in den Küchen oder Stu­ben. Sie konn­ten ihre Strümpfe stop­fen, Wäsche aus­bes­sern und auch in der Tages­zei­tung lesen. Nun durf­ten sie nachts bis zum Wecken dem Hause fernbleiben.

Das vierte Mel­ken am Abend wech­selte die Haus­frau oder die Toch­ter mit der Magd ab. Jeder zweite Sonn­tag stand dem Per­so­nal nach dem mor­gend­li­chen Füt­tern und Mel­ken bis zum ande­ren Mor­gen zur freien Ver­fü­gung. Der Kirch­gang war keine Ver­pflich­tung mehr. Den­noch sah ein from­mer Dienst­herr den gern, der mit sei­ner Fami­lie an sei­nem freien Sonn­tag selbst­ver­ständ­lich zur Kir­che fuhr oder ging. Gebete vor den Mahl­zei­ten und die Lesung einer mor­gend­li­chen Andacht nach dem ers­ten Früh­stück gehör­ten lange zu den Gepflo­gen­hei­ten vie­ler Bauernfamilien.

Die Gehil­fen nah­men das als selbst­ver­ständ­lich hin. In jener knap­pen Nach­kriegs­zeit und der nach­fol­gen­den Infla­tion, als der Lohn in wert­lose Bil­lio­nen­scheine auf­ging, waren die meis­ten froh, Brot und Unter­kunft zu haben. Hier wurde schon immer ihre Wäsche am Wasch­tag mit gewa­schen und jetzt sogar auf den Näh­ma­schi­nen geflickt. Nun strick­ten die Frauen die Woll­strümpfe, statt zu spin­nen; der Knecht kannte es kaum mehr. Über­haupt ver­bes­serte gegen­sei­tige Hilfe zuse­hends das Ver­hält­nis von Dienst­ge­ben­den und Dienst­bo­ten. Die hal­fen auch nach Fei­er­abend gern bei einer wich­ti­gen Arbeit und beka­men frei, wenn für sie Wich­ti­ges zu erle­di­gen war.

Zu uns in Klei­nen­bors­tel kam nach dem 1. Welt­krieg der Alwin als Knecht. Er war ein unehe­li­ches Kind und im Ort auf­ge­wach­sen. Seine Zie­hel­tern besuchte er noch oft, sonst gehörte er zu uns. Er bleib neun Jahre auf dem Hof, um dann die Adele aus Bahlum zu hei­ra­ten, die bis dahin sechs Jahre bei uns gedient hatte. Zu ihrem Lohn beka­men sie nun eine Kuh für ihre lange Arbeits­zeit. Sie zogen in ein Häus­lings­haus im Ort und hal­fen gele­gent­lich noch jah­re­lang in Ern­te­zei­ten bei uns. Wir Kin­der moch­ten sie.

Auch Dora Laue, ver­wit­wete Feld­busch, erhielt zu ihrer ers­ten Hei­rat eine Kuh für sehr lange treue Arbeit bei dem Land­wirt Grieme in Hustedt.

Es war eine unge­schrie­bene frei­wil­lige Aner­ken­nung, dass nach zehn Dienst­jah­ren diese Aus­steuer in Form einer Milch­kuh oder Starke (Färse) über­ge­ben wurde. Für selbst­stän­dig wer­dende Ehe­leute war es eine will­kom­mene Mit­gift und ein Fun­da­ment für die Selbstversorgung.

Es gab aber auch unzu­frie­dene Knechte und Mägde wegen der Mahl­zei­ten. Sie waren nicht satt nach har­ter Arbeit, das Gekochte war zu fett­los oder nicht schmack­haft genug. Den Zube­rei­tern erschien es aus­rei­chend für ver­meint­lich man­gel­hafte Leis­tun­gen. Für junge Gehil­fen war es sinn­los, bei den Eltern zu kla­gen. Die hat­ten den Platz aus­ge­sucht und dul­de­ten keine Ände­rung, um nicht ins Gerede zu kom­men. Da musste der Unzu­frie­dene bis zur Mün­dig­keit aus­hal­ten. Dann konnte er nach sei­nen Vor­stel­lun­gen wechseln.

Fleiß als Dank für gutes Essen: Dienst­her­ren spar­ten oft den Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trag, er Rent­nern spä­ter fehlte

Gutes Essen erhöhte die Arbeits­mo­ral. Wo in den Gesin­de­stu­ben schlech­tere Mahl­zei­ten als in Herr­schafts­zim­mern auf­ge­tra­gen wur­den, brauch­ten sich die Bau­ern nicht über man­gelnde Arbeits­lust zu wun­dern. Wo eine Fami­lie mit dem Gesinde zu den Mahl­zei­ten am glei­chen Tisch saß, Knechte und Mägde auch von den Kuchen essen durf­ten, den die Gäste vor­ge­setzt beka­men, klagte kaum einer über feh­len­den Fleiß.

Zu Ver­wand­ten

Die Söhne und Töch­ter aus kin­der­rei­chen Bau­ern­fa­mi­lien wur­den von den Eltern gern bei Ver­wand­ten zum Hel­fen unter­ge­bracht. Obwohl das eigent­lich ein Knecht– und Magd­ver­hält­nis war, mil­derte die Ver­wandt­schaft den Sta­tus. Sehr oft wurde dabei der Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trag gespart, der den spä­te­ren Rent­nern bit­ter fehlte. Auch wir mit­hel­fen­den Fami­li­en­an­ge­hö­ri­gen waren nicht ver­si­chert. Der Vater sah sich und seine Ange­hö­ri­gen im Schoße sei­ner Fami­lie aus­rei­chend ver­sorgt, war auch zu spar­sam und ver­traute der Ver­si­che­rung nicht. Es soll sogar Bau­ern gege­ben haben, die das gesamte Per­so­nal nicht ver­si­chert hat­ten. Da muss mit den Dienst­bo­ten Ein­ver­ständ­nis geherrscht haben, denn jedem oblag es, sei­nen hal­ben Anteil an die Sozi­al­ver­si­che­rung zu zah­len oder als Bei­trags­mar­ken in seine Ver­si­che­rungs­karte zu kle­ben. Da hatte zwar manch jun­ger Mensch mehr Geld in der Hand, was ihm aber spä­ter als Rente fehlte.

In Hit­lers Zei­ten durfte kein Arbeit­ge­ber sei­nen Gehil­fen die Teil­nahme an der Par­tei und an Dienst­stun­den ver­weh­ren. Ein Knecht, der Uni­form, Drill und Sport liebte, ging begeis­tert dort­hin. Aber nicht alle Mägde woll­ten unbe­dingt dem Bund Deut­scher Mädel zuge­hö­ren. Die Gesin­nun­gen der Dienst­herr­schaf­ten beein­fluss­ten oft deren Entscheidungen.

Der Wehr­dienst holte vor dem 2. Welt­krieg die Söhne und man­chen guten Knecht für zwei Jahre vom Hof. Für abkömm­li­che Jugend­li­che wurde von 1935 an ein hal­bes Jahr Arbeits­dienst zur Pflicht. Das gefiel sogar eini­gen jun­gen Gehil­fen, die so, trotz des nied­ri­gen Loh­nes, für kurze Zeit von schwe­rer Land­ar­beit los­ka­men und Spaß im Lager in der Gemein­schaft mit ande­ren hatten.

Aber in jenen Jah­ren waren es die Dienst­bo­ten, die die dörf­li­chen Feste gestal­te­ten. Der Sän­ger­ball galt als der Ball der Bau­ern. Schüt­zen­feste und noch mehr die Ern­te­feste waren mehr die Fei­ern der Dienst­bo­ten. Meist sprach damals ein Dienst­mäd­chen mit einem Knecht das Ern­te­ge­bet und sie wur­den von Mäg­den und Knech­ten beglei­tet. Man schaue sich die vie­len Bil­der der 30er Jahre von den Ern­te­fes­ten an! Wo in klei­nen Orten der Bei­stand von Mäg­den zum Kranz­bin­den nicht reichte, unter­stütz­ten die Haus­töch­ter mit fröh­li­chem Ein­ver­neh­men die Gruppe. Was zum Schmü­cken nötig war, gaben die Bau­ern gern und hat­ten ihren Spaß am guten Gelingen.

Wenn auch aus­ge­hängte Haken­kreuz­fah­nen beim Kranz­ab­ho­len – Umzüge mit so vie­len geschmück­ten Ern­te­wa­gen wie heute gab es noch nicht – auf den Zeit­geist hin­wei­sen soll­ten, es blieb den­noch das Fest der jun­gen Leute, die es zum Ern­te­dank mit so viel Liebe und Ideen gestal­tet hat­ten und sich nun nach geta­ner Arbeit des Lebens freuten.

Ganz all­mäh­lich waren die Dienst­bo­ten zu höhe­rem Anse­hen gekom­men. Die fol­gen­den Kriegs­jahre und die schwe­ren Nach­kriegs­pro­bleme ver­dräng­ten den Sta­tus Herr und Knecht immer mehr. Doch heim­lich gilt noch für man­che Leute der oft zitierte Mart­fel­der Spruch: „Sorte bi Sorte, ik föhr mit s´ Mei­ers!“, der so krass an das alte Stan­des­den­ken erinnert.

Klein­bau­ern und Häus­linge hat­ten kein Anse­hen in der Mei­er­hö­fe­klasse. Sie aber stell­ten von jeher die Gehil­fen für deren Bestehen.

Hät­ten die gro­ßen Hof­stel­len ohne diese Arbeits­leis­tun­gen Jahr­hun­derte über­dau­ern kön­nen? Die Dienst­bo­ten waren es, die mit ihrem ste­ten Die­nen die Meier stol­zer leben lie­ßen als jeden ande­ren Stand.

 

Char­lotte Hom­feld aus: Hei­mat­blät­ter Nr. 5/2001

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1 Göpel sind Vor­rich­tun­gen, mit denen die im Kreis lau­fen­den Pferde Maschi­nen ange­trie­ben haben

2  Zwi­schen­bo­den über dem Kuh– oder Schwei­ne­stall zur Lage­rung von Heu und Stroh mit einer Decken­höhe von nur gut einem Meter, so dass man nicht auf­recht ste­hen konnte.