Die Ernäh­rung auf dem Lande – Auf­zeich­nun­gen von Char­lotte Hom­feld aus Kleinenborstel

Mit­gift für das Hochzeitspaar

Die Bezeich­nung „Braut­wa­gen“ für die Mit­gift der bäu­er­li­chen Braut, auch „Bräu­ti­gams­wa­gen“ genannt, wenn ein Mann sie ein­brachte, liest man schon um 1664 in einer Haus­chro­nik. Sie ent­stand ver­mut­lich in die­ser Zeit nach dem 30-jährigen Krieg und endete mit der Ablö­sung der Höfe von der Guts­herr­schaft im 19. Jahrhundert.

Die Ober­herr­schaft einer Hof­stelle ver­langte seit dem Mit­tel­al­ter von den Bau­ern nicht nur den zehn­ten Teil ihrer Erzeug­nisse, sie behiel­ten sich auch die Geneh­mi­gung von Hei­rat, Mit­gift, Alten­teil und Erb­fall vor.

Darum war dem Königl. Kur­fürstl. Amt Hoya am 8. Januar 1789 sehr daran gele­gen, von den Kirch­spiel­vög­ten den Inhalt und Wert der Braut­wa­gen zu erfah­ren. In die­ser Aus­gabe der Hei­mat­blät­ter ist der ver­langte Bericht aus dem Gee­st­dorf Mart­feld dargelegt.

Der Vogt Schöne rech­nete in sei­nem Kirch­spiel das Vieh und Korn mit­samt dem Haus­rat, also alles, was an Mit­gift, außer Geld, anfiel, zu einem vol­len bezie­hungs­weise mit­tel­mä­ßi­gen Braut­wa­gen. Beach­tens­wert: Bei kaum weni­ger Gegen­stän­den hat der letz­tere fast den hal­ben Wert. Die Qua­li­tät der Arti­kel, auch beim Vieh, müs­sen die Preis­un­ter­schiede bewirkt haben. Aus Platz­grün­den seien hier nur die Posi­tio­nen für einen vol­len Braut­wa­gen ohne Wert­an­gabe ange­führt: neuer Acker­wa­gen, Klei­der­schrank, Anrichte, Fuß­bank, Truhe mit halb­run­dem Deckel, Tisch, drei Kup­fer­kes­sel, Mes­sing­topf, Mes­sing­tie­gel, Schöpf­löf­fel, Schaum­kelle, Fleisch­ga­bel, Gieß­kanne, Leuch­ter, Rös­tei­sen, Feu­er­zange, Drei­fuß, eiserne Elle, Hechel mit Stuhl, But­ter­fass, Milch­ei­mer und fla­che Holz­ge­fäße, Waselck zum Milch­tra­gen, Holz­scha­len, Pfeif­kanne, Holz– und Schlepp­brake, Flach­streite (Klop­fer), Dresch­fle­gel, 12 Stühle, Handlaken-Knecht, Tel­ler­brett und 12 Hol­tel­ler, 12 Holz­löf­fel, Man­gel­holz mit Knüp­pel, Spinn­rad, Has­pel, Salz­fass, Axt, Barte (brei­tes Beil), Spa­ten, Mist­forke, Gar­ben­forke, Streich­ei­sen, Spie­gel und Kamm­fut­ter, Klei­der­bürste, 2 Kämme und Kamm­fut­ter, Klei­der­korb, Tra­ge­korb, 12 Korn­sä­cke, 6 Lin­nen, 6 Dol­la­ken, Reibe, Mör­ser, 2 Mes­sin­gleuch­ter, Zinn­kump (große Schale), 6 Zinn­schüs­seln, 1 Dut­zend Zinn­tel­ler, 1 Dut­zend Zinn­löf­fel, 3 Scha­len, Ehren­kleid eines Man­nes mit allem Zube­hör, 2 Ehren­klei­der für eine Frau, Bier­trich­ter, 6 lange Drell-Tischlaken, 12 Stuhl­kis­sen, 12 Hem­den, 18 Drell-Handtücher, Bett mit 6 Kis­sen, jedes Stück drei­mal bezo­gen; 2 Pferde, 1 altes Foh­len, 3 Kühe, 3 Rin­der, 6 Schweine, 6 Schafe; 2 Molt Hafer Hoyai­sches Maß, 2 Molt Rog­gen Hoyai­sches Maß. Für den mit­tel­mä­ßi­gen Braut­wa­gen waren anstatt 73 Posi­tio­nen 65 aufgeführt.

Gus­tav Twe­les Mart­fel­der Chro­nik von der Auf­stel­lung der Hei­rats­mit­gabe um 1754 nannte: Ehren­kleid, Bett mit Über­de­cke und 4 Kis­sen­büh­ren aus Bar­chent, Unter­bett, Pfühl von dich­ten Büh­ren oder Drell, 3 Paar Bett­la­ken, 6 Kis­sen­büh­ren, 6 Drell-Tischlaken, 6 Stuhl­kis­sen, 6 Hand­la­ken. Zinn: 6 Schüs­seln, 12 Tel­ler, Leuch­ter, Kup­fer­kes­sel, Mes­sing­tie­gel, kup­ferne Was­ser­fülle. Eisen­ge­rät: Kohltopf, Pfanne, Drei­fuß, Röste, Feu­er­zange, Axt, Beil, Mist­forke, Spa­ten. Holz­ge­rät: Klei­der­schrank, Kof­fer, Anrichte, 2 Stühle, Tel­ler­brett, 12 Tel­ler, Hand­la­ken, „Bier­fah­ren duhl“ (?), Kanne Klei­der­korb, Was­ser­ei­mer. Ansons­ten: Spie­gel, Klei­der­bürste, Reibe, Pfef­fer­mühle: 1 Pferd, 1 Kuh, 1 Schwein; ½ Molt Rog­gen, 1 Molt Hafer. In den Chro­ni­ken der Nach­bar­dör­fer fin­det man die Mit­gift­an­ga­ben anders aus­ge­legt. Dort steht meist vorab die Summe an Talern, dann folgt Vieh in Stück­zah­len, Korn, und zuletzt ein Braut­wa­gen in unter­schied­li­cher Größe, der nur für Haus­rat galt.

Grund­ver­schie­den sind die Anga­ben zu den Mit­gif­ten von 1705 bis 1866. Dafür ist die Fest­le­gung des Vogts Schöne tref­fend, der im Januar 1790 sei­nem Bericht über Braut­wa­gen im Mar­schen­dorf Wechold vor­aus­setzt: „Dass Ehe­leut gibt, jeder nach sei­nen Vermögen.“

Braun­bier selbst gebraut

Unsere Vor­vä­ter deck­ten einen gro­ßen Teil ihres Bedarfs mit eige­ner Produktion

Der in den Berich­ten ange­ge­bene Haus­rat ent­sprach den Bedürf­nis­sen jener Zeit mit den noch offe­nen Herd­stel­len auf den Höfen. Wir kön­nen sie uns kaum vor­stel­len, uns aber über die Lebens­weise jener Gene­ra­tion an dem Schau­ma­te­rial der Museen oder durch ent­spre­chende Bücher infor­mie­ren. In man­chen Bau­ern­häu­sern sind Gegen­stände aus alten Mit­gif­ten bewahrt geblie­ben. Sol­che für die Flachs­auf­be­rei­tung sind vie­len nicht so befrem­dend wie Bier­brau­ge­räte in land­wirt­schaft­li­chen Betrieben.

Fast jeder Haus­halt hat frü­her Bier gebraut, weil es neben Kräu­ter­auf­güs­sen, das all­täg­li­che Getränk vor dem Auf­kom­men von Schwarz­tee und Kaf­fee war. Das Bier galt als Durst­lö­scher, weni­ger als Genuss­mit­tel. Das Brun­nen­was­ser nahe dem Mist­hau­fen und aus zuwei­len schlech­tem Boden bot nicht immer gute Trin­k­qua­li­tät. Die Dick– und But­ter­milch gehörte als wich­tige täg­li­che Nah­rung zu den Mahl­zei­ten, die satt­ma­chen sollte.

Aus Gerste wurde Braun­bier her­ge­stellt. Man­che Höfe besa­ßen einen Hop­fen­gar­ten, brau­ten und ver­kauf­ten Bier. Für eine gute Qua­li­tät war kla­res, flie­ßen­des oder wei­ches Brun­nen­was­ser wich­tig und die Her­stel­lung sehr auf­wen­dig. Des­we­gen ent­stan­den nach und nach eigen­stän­dige Braue­reien und eben­falls Schnaps­bren­ne­reien in der hie­si­gen Gegend. Schnaps wurde viel getrunken.

Güns­tig für den Eigen­be­darf konnte zu Hause in einem geeig­ne­ten Gefäß ein Dünn­bier aus gesäu­er­tem Schwarz­brot und Was­ser nach zwei Tagen Gärung abge­zapft und getrun­ken wer­den. Hop­fen­bier schmeckte natür­lich viel bes­ser. Was­ser mit Essig und Honig ver­mischt war neben Brot­was­ser ein durst­lö­schen­der Trunk. Das Brot­was­ser, kal­tes Was­ser mit Schwarz­brot­stü­cken gesäu­ert, stillte unse­ren Durst noch vor 60 Jah­ren in den Erntezeiten.

Der Rös­ter im Braut­schatz diente nicht zum Bren­nen von Korn und Zicho­rien als Kaffee-Ersatz, son­dern zum Rös­ten von Würs­ten im eige­nen Saft. Auch Brot wurde viel gerös­tet und in die ent­rahmte Dick­milch gebrockt, die gemein­schaft­lich aus einer Schüs­sel in der Tisch­mitte gelöf­felt wurde.

Gelöf­felt wurde fast jede Mahl­zeit. Das Feh­len von Mes­ser und Gabeln in allen Mit­gift­auf­zäh­lun­gen ist auf­fäl­lig. In den meis­ten städ­ti­schen Haus­hal­tun­gen gehör­ten sie schon zum all­täg­li­chen Geschirr. Löf­fel aus Holz und Zinn sind mehr­fach genannt, Tel­ler nur wenige. Die ein­zige erwähnte Gabel mit­lan­gem Stiel brauchte man zum Her­aus­he­ben von gekoch­ten Fleischstücken.

In einem Inven­tar von 1777 in Martfeld-Hollen fällt bei den Haus­halts­ge­rä­ten ein Schneid­brett mit Mes­ser auf. Das klingt unge­wöhn­lich, weil man sonst nie von sol­chem Hilfs­mit­tel für die täg­li­che Spei­se­zu­be­rei­tung erfährt. Vor 200 bis 250 Jah­ren wirt­schaf­tete die Bäue­rin sehr pri­mi­tiv. Ein Stoß­ei­mer mit Stoß­ei­sen genügte zum zer­klei­nern von Kräu­tern und schneid­ba­rem Grün­zeug für die Sup­pen. Im Mör­ser zer­stieß man harte Sachen, so auch den Zucker, der nur in Hut­form zu erste­hen war. Warum behalf sich die Haus­frau ohne Mes­ser? Schneid­ge­räte sind uralt. Die vie­len Holz­ge­räte für die Koch­hilfe sind mit einem Mes­ser geschnitzt wor­den. Fast jeder Beruf brauchte eine Mes­ser­art für sein Hand­werk. Der Bauer und die Knechte tru­gen Mes­ser bei sich und benut­zen sie auch bei den Mahl­zei­ten, liest man. Zer­teil­ten sie das Brot damit oder wurde es gebro­chen? Ein Streich­ei­sen zum Schär­fen von Schneid­ge­rä­ten brachte die Bäue­rin in die Ehe. Das wie­derum ver­an­lasst zu fol­gen­den Fragen:

Womit schälte sie die um jene Zeit neue Acker­frucht, die Kar­tof­fel? Wurde sie mit der Schale gekocht und mit den Fin­gern abge­puhlt? Womit wur­den von den Speck­sei­ten das zum Kochen nötige Stück ab-, der Schin­ken ange­schnit­ten oder das Gekochte zer­teilt? Hat man das Hack­mes­ser dafür genom­men, das ein nöti­ges Gerät zum Schlach­ten war und zum Haus­rat gehörte? Mit sol­chen Hacke­beil­chen zer­klei­ner­ten die Hel­fer das gekochte Fleisch zum Wurst­ma­chen. Der Schlach­ter brachte sein Stech­mes­ser mit. Andere Hilfs­mit­tel beim Schlach­ten gehör­ten zum Haus­halt, wer­den aber in Mit­gif­ten nicht genannt. Für die Mett­wurst, so wird beschrie­ben, zer­hackte eine sehr scharfe Axt, von bei­den Hän­den quer­ge­fasst, die rohen Fleisch– und Speck­stü­cke auf einem Hack­pf­lock. Spä­ter hat der Fleisch­wolf die Pro­ze­dur abge­löst. Die gehackte Wurst soll aber viel bes­ser geschmeckt haben.

Wasch­tage waren hart

Im Win­ter war das Wäsche­wa­schen schwer zu bewerkstelligen

Eine Angabe im Braut­wa­gen­ver­zeich­nis ist weit­aus unbe­kannt. Ein „Waselck“ zum Milch­tra­gen klingt fremd­ar­tig. Wir ken­nen dafür das Joch, das Schul­ter­ge­stell zum beid­sei­ti­gen Anhän­gen der Eimer; im Lüne­bur­gi­schen „Schanne“ genannt. Hier ist aber eine Hal­te­vor­rich­tung für den Kopf gemeint. Man hat damals den unten brei­ten Milch­ei­mer auf dem Kopf zu den Melks­tel­len oder Wei­den getra­gen. Meine Mut­ter hat es vor 1900 noch erlebt. Sie erzählte von einem Kopf­schutz, aber lei­der ohne eine Beschrei­bung. Unvor­stell­bar ist, dass die Frauen und Mäd­chen beim Tra­gen auf den schlech­ten Wegen dabei noch gestrickt haben, wie sie sagte.

Handlaken-Knecht“ oder „Handlaken-Arm“ hieß der meist kunst­voll gedrech­selte Hal­ter für das rol­lende grob­ge­webte Hand­tuch. Er war an einem Die­len­stän­der beim Flett befes­tigt. Auf einem Holz­klotz stand dane­ben ein Hol­zei­mer mit Was­ser zum Rei­ni­gen von Gesicht und Hän­den vor den Mahlzeiten.

Erstaun­lich ist das Auf­le­gen von „täg­li­chen Tisch­la­ken“. Das klingt nach Ess­kul­tur, sollte aber wie Pfan­nen­un­ter­set­zer die Tisch­platte scho­nen. Man rieb die abge­leck­ten Holz­löf­fel nach dem Essen am her­ab­hän­gen­den Tuch ab, wird berich­tet. Jeder hatte sein Kenn­zei­chen am Löf­fel ein­ge­schnitzt und steckte ihn bis zum nächs­ten Gebrauch in eine Leder­schlaufe an der Wand oder, abge­wa­schen, in das Tellerbord.

Wenn mit Löf­feln und Fin­gern zur Schüs­sel oder in die Pfanne in der Tisch­mitte gelangt wurde, fiel sicher man­ches dane­ben. Das Tisch­la­ken musste gewa­schen wer­den. Wäsche waschen war müh­same Hand­ar­beit, auch als es schon die Mau­er­kes­sel gab. Wie wurde das in den Zei­ten der offe­nen Herd­stel­len bewäl­tigt? Man liest davon keine Beschrei­bung. Das muss im Win­ter kaum aus­führ­bar gewe­sen sein. Man bedenke, der größte kup­ferne Kes­sel reichte für fünf Eimer Was­ser. Da pass­ten zum Aus­ko­chen nur einer der gro­ßen Bett­be­züge oder große Tisch­la­ken hin­ein. Es waren aber viele Fami­li­en­an­ge­hö­rige und Dienst­bo­ten mit sau­be­rer Wäsche zu ver­sor­gen. Alles Was­ser musste aus dem Brun­nen gezo­gen wer­den. Nicht immer lief ein Bach zum Spü­len am Hause vor­bei. Dass aber Wert auf glatte Wäsche gelegt wurde, bezeugt die Braut­aus­stat­tung mit Man­gel­holz und –brett. Bot­ti­che und Zuber fin­det man dage­gen nicht in der Mitgift.

Ebenso wird kein Stein­gut­ge­schirr auf den Braut­wa­gen erwähnt. Dabei gehört es schon seit ger­ma­ni­schen Zei­ten zum Haus­rat. Im Hol­le­ner Hofin­ven­tar von 1777 ist es mit auf­ge­zählt. Irdene Kru­ken, Stein­töpfe in vie­len Arten und Grö­ßen, Kümpe und die Set­ten zum Milchab­set­zen: Zur Vor­rats­hal­tung und zum täg­li­chen Gebrauch waren sie unent­behr­lich, aber im Braut­schatz unnö­tig und nicht so wert­voll wie Kup­fer und Zinn.

Kru­ken, mit den erwähn­ten Geträn­ken gefüllt, wur­den zu Feld– und Ern­te­ar­bei­ten mit­ge­nom­men. Trank man reihum nach­ein­an­der aus den Ton­fla­schen? Nie sind Trink­ge­fäße beschrie­ben, weder Becher noch Tas­sen. In Büchern wer­den zin­nerne Trink­scha­len mit zwei Grif­fen geschil­dert. Sie mach­ten mit reich­lich Brannt­wein über­gos­se­nem Leb­ku­chen bei Fami­li­en­fei­ern und Beer­di­gun­gen die Runde unter den Gäs­ten. Wur­den all­ge­mein kleine Ton­scha­len zum Trin­ken benutzt? Wir sahen in der Kin­der­zeit mit Erstau­nen, dass alte Frauen den Kaf­fee aus der Tasse in die Unter­tasse gos­sen und ihn dar­aus schlürf­ten. Sie waren wohl gewohnt, mit zwei Hän­den die Schale an den Mund zu füh­ren. Was­ser trank man dage­gen aus einer gro­ßen Kelle, die neben dem Eimer auf der Bank im Flett hing und spä­ter immer noch bei den Pumpen.

Das hat sich, genauso wie die Ein­fach­heit der Mahl­zei­ten, lange erhal­ten. Noch vor 80 Jah­ren sah man in länd­li­chen Haus­hal­tun­gen die mit aus­ge­bra­te­nem Speck und Zwie­beln über­gos­se­nen Salz­kar­tof­feln in einer fla­chen Schüs­sel mit­ten auf dem Tisch ste­hen. Jeder Umsit­zende langte zu, nun aber mit einer Gabel. Zwi­schen­durch nahm er vom Holz­brett vor sich die mund­ge­recht geschnit­te­nen Stü­cke von Schin­ken, Sülze oder Blut­wurst. Brat­kar­tof­feln aß man genauso. Die Gemüse– oder Milch­sup­pen langte man mit den ble­cher­nen Quer­löf­feln gemein­sam aus den hohen Schüs­seln. Ein Tel­ler­ab­wasch blieb damit erspart.

Vol­ler Braut­wa­gen – ein Segen

Eine schlecht aus­ge­steu­erte Hei­rat des Hofer­ben wurde nur sel­ten geduldet

Eine Ehe­ver­schrei­bung vom 2. Juni 1852 für Mette Meta Hom­feld aus Klei­nen­bors­tel und Johann Ehler Har­ries aus Mart­feld gibt Aus­kunft. 60 Jahre nach der amt­li­chen Umfrage über Braut­wa­gen haben sich die Bedürf­nisse im länd­li­chen Haus­halt schein­bar kaum ver­än­dert. Bla­se­balg und Feu­er­ha­ken in die­ser Mit­gift zei­gen, dass noch kein Koch­herd mit geschlos­se­nem Feu­er­loch, einer Eisen­platte und aus­wech­sel­ba­ren Rin­gen die offene Herd­stelle aus Stei­nen abge­löst hatte. Immer noch feh­len Anga­ben von Mes­ser und Gabeln. Aber Por­zel­lan­ge­schirr wird mit­ge­bracht! Viel­leicht ein Kaf­fee­ser­vice, weil ein Kaf­fee­bren­ner und eine Kaf­fee­mühle im Ver­zeich­nis auf neue Trink­ge­wohn­hei­ten hinweisen.

Die­ser Ehe­ver­trag bestä­tigt die ein­gangs erwähnte Geneh­mi­gung des Amtes bei einer Hei­rat. Der Bräu­ti­gams­hof war guts­her­ren­frei, der vom Braut­va­ter noch nicht. Der Ver­trag zeigt noch mehr, wie not­wen­dig eine gute Mit­gift für den Hof war, um die Alters­ver­sor­gung der Eltern und die Aus­steue­rung der Geschwis­ter leis­ten zu können.

Die Mut­ter des Bräu­ti­gams, wel­che auf den Alten­teil geht, erhält zum Not­gro­ten jähr­lich: feste Quan­ti­tä­ten rei­nen Flachs, feine und grobe Heede, die nötige Klei­dung an Lei­nen und Woll­zeug, an Schu­hen und Strümp­fen. Sollte die Mut­ter sich genö­tigt sehen, ihren eige­nen Tisch neh­men zu müs­sen, so erhält sie außer­dem den Platz hin­ter dem Ofen in der Wohn­stube der jun­gen Leute bis zu ihrem Ende, reine Wäsche, freie Auf­war­tung und Ver­pfle­gung in schwa­chen und kran­ken Tagen sowie freien Arz­nei und Arzt­lohn; Licht und Feue­rung frei sowie den freien Mit­ge­brauch sämt­li­chen Haus– und Küchen­ge­räts, die Schlaf­stelle an der gro­ßen Stube, das jetzt in ihrem Besitz befind­li­che Bett, eine Truhe („Kof­fer“) zur allei­ni­gen Benut­zung und die große Kam­mer im Hin­ter­haus, zwei Schock Eier, je zur Hälfte an Ostern und an Michae­lis, einen Apfel­baum nach ein­ma­li­ger Wahl, täg­lich eine Kanne süße, frisch gemol­kene Milch und wöchent­lich 1 Pfund But­ter. Außer­dem erhält sie den nach dem Tes­ta­ment ihres ver­stor­be­nen Man­nes ver­schrie­be­nen Alten­teil mit 45 Reichs­ta­lern in Gold jähr­lich aus­be­zahlt. Sollte sie durch beson­dere Umstände genö­tigt wer­den, ihren Alten­teil außer dem Haus ver­zeh­ren zu wol­len, so soll ihr das gestat­tet sein und der Alten­teil frei gelie­fert wer­den, aber nur, wenn sie zu einem von ihren Kin­dern zieht.

Eine schlecht aus­ge­steu­erte Hei­rat des Hofer­ben wurde nur sel­ten gedul­det. Man­che große Liebe ist daran zer­bro­chen. Ver­spro­chene, aber unaus­be­zahlte Aus­stat­tun­gen der Geschwis­ter belas­te­ten noch die nächste Generation.

Die drei Brü­der des Bräu­ti­gams sol­len laut Tes­ta­ment vom 12. Sep­tem­ber 1846 eine Abfin­dung von 400 Reichs­ta­lern erhal­ten, sobald sie voll­jäh­rig sind. Da ein Bru­der bereits gestor­ben ist, ver­gleicht sich der Bräu­ti­gam mit den Vor­mün­dern sei­ner jün­ge­ren Brü­der dahin­ge­hend, dass jeder der drei Über­le­ben­den ein Drit­tel der Summe bekommt. Außer­dem gibt der Bräu­ti­gam im Fall der Hei­rat oder der Ein­rich­tung eines eige­nen Haus­halts als Braut­schatz mit: Bett, Kuh, Rind, „Kof­fer“, Klei­der­schrank, Anrichte und Kleinigkeiten.

So war ein vol­ler Braut­wa­gen mit viel Vieh und viel Geld ein Segen, eine gute Gewähr zum Fort­be­ste­hen einer Hofstelle.

Von Char­lotte Hom­feld in Hei­mat­blät­ter 6/2004

Quel­len:
Haupt­staats­ar­chiv Han­no­ver Hann. 74 Hoya Nr. 2301. Wil­helm Bomann, Bäu­er­li­ches Haus­we­sen und Tage­werk im alten Nie­der­sach­sen (1926). – Schrif­ten­reihe des Hei­mat– und Ver­schö­ne­rungs­ver­eins Mart­feld: Ver­gan­gen­heit und Gegen­wart Bd. III Chro­nik der alten Haus­stel­len (1983), Bd. IV Chro­nik der ehe­ma­li­gen Gemeinde Klei­nen­bors­tel (1997). – Muse­ums­dorf Clop­pen­burg, Kata­log (1980). – Hans Peters, Altes Hand­werk. Bäu­er­li­ches Brauch­tum aus dem Kreise Graf­schaft Hoya (1947). – Dorf­chro­nik Wechold (1991). – Gus­tav Twele, Das Kir­chen­spiel Mart­feld im Wan­del der Zei­ten (1931). – Unsere Dör­fer. Chro­nik von Heesen, Schier­holz und Fre­delake (1995). Dorf­chro­nik Schwarme 1997.